Gestampfter Lehm gegen durchwebten Beton: Was hat Zukunft?
Sie sind gefragt: Neues ausprobieren oder Bewährtes wiederentdecken? Im Bereich der Baustoffe sind aktuell zwei gegenläufige Trends zu beobachten: Während Textilbeton Stahl als Bewehrung durch moderne Fasern ersetzt, entdeckt der Lehmbau die Vorzüge eines traditionellen Materials für das moderne Bauen. Doch welcher dieser Baustoffe wird tatsächlich die Zukunft des Bauens bedeutend verändern? Und was ist nur eine kurzfristige Modeerscheinung? Hier ist Ihre Meinung gefragt. Sagen Sie uns Ihre Prognose für die zukünftige Verwendung der beiden Materialien.
Lehmbau
Ein Baustoff mit 9.000 Jahren Geschichte: Nachdem Lehm als nachhaltiger Baustoff in Vorarlberg (A) wiederentdeckt wurde, wird Stampflehmbau heute für Universitätsgebäude in Harvard und Industriebauten wie die Ricola-Zentrale in Laufen (CH) verwendet. An der ETH in Zürich wird Stampflehmbau sogar schon als eigene Studienrichtung gelehrt.
Die Gründe für diese Renaissance? Lehm konserviert nicht nur das Holz, das er umgibt, er kann auch relativ schnell Luftfeuchtigkeit aufnehmen und diese bei Bedarf wieder abgeben. So trägt der Baustoff ohne komplexe Technik zu einem gesunden Raumklima bei. Ähnlich wie andere schwere Baustoffe speichert Lehm außerdem Wärme. Der größte Vorteil liegt jedoch im geringen Energieaufwand für die Aufbereitung und Verarbeitung von Lehm: Er braucht nur etwa 1 % der Energie, die für die Herstellung von Mauerziegeln oder Stahlbeton notwendig ist!
Gerade vor dem Hintergrund schwindender Ressourcen und einer stetig wachsenden Weltbevölkerung könnte sich Lehm – richtig verwendet – als Baustoff der Zukunft also durchaus wieder etablieren.
„Lehmbau ist für mich kein Anachronismus. Ich will nicht zurück in die Vergangenheit, sondern zurück zur Vernunft. Wir bauen zu kompliziert, mit zu viel Technik, zu vielen Schichten. Wenn wir einfacher bauen, bauen wir nachhaltiger.“ – Martin Rauch, Architekt (A) und Wiederbeleber des Stampflehmbaus
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Hier geht’s zum BAU Team Building Nr. 3: Nachhaltig Bauen mit Holz und Lehm
Textilbeton
Wollte man früher Leichtigkeit im Bau realisieren, war textile Architektur die einzige Antwort. Betonbau dagegen resultierte meist in einer schweren und massiven Ästhetik. Doch die Zeiten ändern sich.
Beim Textil- oder Carbonbeton ersetzen technische Textilien als Bewehrung die Stahlstreben im Stahlbeton. Das bietet mehrere Vorteile: Zum einen ist hier natürlich die Korrosionsbeständigkeit der Bewehrung zu nennen, die eine dicke Betonummantelung überflüssig macht. So können nicht nur massive Materialeinsparungen von bis zu 75 % realisiert werden, sondern es entstehen auch neue Freiheiten in der Gestaltung und Formgebung: Textilbewehrter Beton (mit zweidimensionalen AR-Glasfaser- oder Carbongelegen) ermöglicht eine kraftgerichtete, effektive und wirtschaftliche Bewehrungsführung und ermöglicht so dünnwandige, hochtragfähige und dauerhafte Bauteile, die das Spektrum der Betonbauweise erheblich erweitern.
Im Fassadenbau bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt, liegt nun auch eine bauaufsichtliche Zulassung für den Bereich Verstärkung von Stahlbeton vor, so dass das Material jetzt auch zur Sanierung von Altbeton verwendet werden kann. Vermutlich in Zukunft nur eine von vielen weiteren Zulassungen für diesen Baustoff…
„Die aktuellen Materialentwicklungen bei technischen Faserwerkstoffen sind faszinierend und werden in den nächsten Jahren weitere Anwendungen für das Bauen eröffnen. Adaptivität und Einsparung von Energie stehen dabei im Vordergrund.“ – Dr. Thomas Stegmaier, ITV Denkendorf
Jetzt sind Sie gefragt:
Welcher Baustoff wird wirklich die Zukunft des Bauens bedeutend verändern?
a) Lehm
b) Textilbeton
c) Beide Baustoffe
d) Keiner von beiden
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Ben kıl toprak ve saman ot karışımını merak ediyorum bu calismayi destekliyorum
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Diese Frage habe ich neulich meinem Onkel gestellt, da er im Industriebau tätig. Er ist der Meinung, dass der Textilbeton vermutlich die Zukunft des Bauens sein wird. Nun, dass war bislang nur seine Meinung.
Vielen Dank für den spannenden Artikel. Ich kann mich der Meinung von Lisa Rosenbaums Onkel nur anschließen. Wir wollen auf unserer großen Wiese ein kleines Gartenhäuschen bauen und werden Lehmputze verwenden. Neu ist mir allerdings, dass Stampflehmbau nun auch als eigene Studienrichtung angeboten wird. VG Gabriele